Die von alliierter Seite gefürchtete stählerne Raubkatze am Tropf ? Am Kampfeinsatz verhindert, aber das Fahren lehrend!
Zu Fahrschulpanzern, auch solchen mit Gasantrieb, wurde schon des öfters berichtet. So sind die Querverweise auf Fahrschulpanzer Panther mit Gasantrieb in der Literaturempfehlung erwähnt. Einen Tiger I mit Gasantrieb ist und bleibt tatsächlich ein Novum. Ja, es gab sie tatsächlich. Wenn auch nur eine Handvoll dieser Fahrschulpanzer so doch tatsächlich, wie dies im Internet auf der englisch sprachigen Panzer-Enzyklopädie (siehe Literaturempfehlung) ersichtlich ist. Die in Berlin ansässige und äußerst rührige Firma Customscale / 16.02 hat exakt diese bislang existente Lücke aufgegriffen und bietet die für die Gestaltung eines Fahrschulpanzers Tiger I nötigen Umbauteile als Resin-Conversion Kit an.
Tiger 1
Da es sich bei den Fahrschulpanzer Tiger um Rückläufer, also Schadpanzer der Einsatztruppenteile, an die Ausbildungseinrichtung handelte, sind nicht nur frühe sondern auch späte Ausführungen möglich. Folglich konnte auch, wie bei einem Fahrzeug zu erkennen, ein Tiger I mit Zimmerit als Fahrschulfahrzeug dienen. In Folge dessen wurde als Basis-Kit auf einen späten Tiger I (Tamiya) mit einem Conversion Set für Zimmerit (Kirin), einem Metallrohr und PE-Teile (Jordi und Eduard) sowie Masterclub Metallketten zurückgegriffen (01). Da dieser Tiger Bausatz mit seinen Zubehörteilen, ausgenommen die Metallketten, gut dreißig Jahre alt ist, und auch in einschlägigen Modellmagazinen vorgestellt wurde, entfällt hierzu die weitere Ausführung und das Modell wird bis inklusive seiner Grundierung gefertigt (02). Für die Kettenmontage mit Einzelgliedern und „Kettenbolzen“ aus Resin kann ein Montagehilfsmittel (03) oder einfach sogar nur ein doppelseitiges Klebeband auf einer hölzernen Latte (04) beste Unterstützung leisten. Wer der Längenangabe einer Bauanleitung nicht traut, probiert die Kettenlänge am Modell (05) so lange aus, bis es paßt. Der Zusammenbau des Tiger I der Ausf. E mit klassischem Zimmerit (06-07) hat sich so recht schnell und zügig gestalten lassen. Lediglich die dauerhafte Fixierung des typischen Staukasten am Turmheck (08) unterblieb, bis die Lackierung und Anprobe der Gasanlage abgeschlossen war.
01
Als Basis-Bausatz diente ein gut dreißig Jahre alter Kit von Tamiya mit den seinerzeit dazugehörigen Conversion-Sets
02
So konnte die doch betagte Kirin Conversion noch zu einem ungewöhnlichen Projekt des Fahrschulpanzers Tiger beitragen
03
Einzelketten fügt man zweckmäßigerweise mit dem optimalen Hilfsmittel „Trackster“ segmentweise zusammen und verbindet diese zur Gesamtgleiskette
04
Eine Alternative kann ein kleine Holzlatte mit einem zweiseitigen, nicht zu sehr haftenden Klebeband sein, muss man an beiden Seiten Kettenbolzen setzen
05
Segmentweise vorgegangen, lassen sich die Menge der Kettenglieder exakter bestimmen als nach Vorgabe, denn man muss ggf. nicht kürzen
06
Fertig ! Der Panzer VI Tiger ist soweit gebaut, grundiert und bereit für die Kolorierung
07
Panzerkampfwagen VI Tiger I Ausf. E mit Zimmerit, ein wahrlich alter Tamiya-Bausatz der noch ein besonderes Leben erhält
08
Panzerkampfwagen VI Tiger I Ausf. E mit Zimmerit, ein wahrlich alter Tamiya-Bausatz der noch ein besonderes Leben erhält
Kolorierung - Tiger1
Der Tiger I wurde noch vor der Anbringung der Stadtgasanlage komplett im klassischen Dreifarbtonanstrich koloriert. Auf die sogenannte „Hinterhalt Tarnung“ bzw Auflockerung durch Farbtupfer wurde verzichtet (09). Stattdessen erfolgte bereits die farbliche Akzentuierung insbesondere der Zimmeritstruktur durch ein „Black-Wash“ mit Tamiya’s Accent Color Black (10).
09
Mit dem klassischen, deutschen Dreifarbtonanstrich versehen, nach einem ersten „Black-Wash“ ist das Modell soweit fertig mit der Stadtgas-Anlage nachgerüstet zu werden
10
Mit dem klassischen, deutschen Dreifarbtonanstrich versehen, nach einem ersten „Black-Wash“ ist das Modell soweit fertig mit der Stadtgas-Anlage nachgerüstet zu werden
Stadtgas Anlage 1. Teil
Teilweise waren die sehr filigranen und vor allem blasen- und verzugsfrei gefertigten Bauteile der Halterung (11) noch von einer leichten Gusshaut zu befreien. Gleichermaßen waren bei den vier Gasflaschen (12) nur die Angußstellen zu versäubern und minimale Gussblasenöffnungen zu verschließen. Jeweils zwei Gasflaschen werden auf den Trägern (13) so befestigt, daß die Gasflaschenöffnung auf dem niedrigeren Träger aufliegt. Ein probeweises Aufsetzen auf dem Tiger-Panzer Motordeck zeigt, der Turm läßt sich auch mit Staukasten völlig unbehindert drehen (14).
11
Insbesondere die kleinen Resin-Bauteile sind von einer schützenden Gusshaut umgeben, die es vorsichtig zu entfernen gilt
12
Die Angußstellen der Gasflaschen sind wie bei Resin-Bauteilen üblich davon zu befreien und ggf. gußtechnisch entstandene Bläschen zu verschließen
13
Jeweils zwei Gasflaschen werden auf die Träger geklebt, deren Bodenfläche des besseren Halts wegen leicht abgeschrägt werden sollten
14
Die erste Seite ist angepasst, jedoch noch nicht dauerhaft befestigt und kann nun lackiert werden
Kolorierung - Stadtgas Anlage
Für die Kolorierung der Gasflaschen bietet es sich geradezu an, diese auf einem Träger mit Fotoklebeband so zu befestigen, daß diese lediglich mit den Aufstellflächen des Trägergestells auf dem Klebeband haften (15). Mit der abgebildeten Farbmodulation, wie gezeigt von links nach rechts, und damit vom dunkleren zum helleren Grau werden die Gasflaschen (16) farbig ausgestaltet. Wer es intensiver möchte, kann die doch recht eintönige Farbe mittels Wash o.ä. altern und ausgestalten (17).
15
Zweiseitiges Fotoklebeband ist geradezu ideal die Gasflaschen mit ihren Halterungen für die farbige Ausgestaltung ausreichend zu fixieren
16
Mit der Farbfolge aus Vallejo’s AFV Painting Systems „Dunkelgrau – German Dark Grey“ werden die Gasflaschen nunmehr koloriert
17
Wem der Sinn danach steht, kann die doch eintönig gleiche Grundfarbe der Gasflaschen noch mit diversen Washes aufbereiten
Stadtgas Anlage 2. Teil
Es fehlen jetzt nur noch die „Gasleitungen“ auf dem Motordeck (18). Diese werden, wie gezeigt, mittels eines leicht biegsamen und weichen Drahtes dargestellt. Im hier gezeigten Modell diente dafür Bleidraht in der Stärke von 1mm, der den Konturen und Klappen des Motordecks. anzupassen hatte. Eine exakte Vorgabe hierzu ist leider bislang nicht bekannt oder gar veröffentlicht. Die Ventile und Verbindungsstücke der Gasleitungen (19) sind als Bauteile im Conversion Kit von Customscale / 16.02 anzahlmäßig ausreichend bemessen enthalten und wurden in Messing-Farbe koloriert, die Gasleitungen hiernach in Schwarzgrau.
Kennzeichnung
Obschon die Fahrschulausbildung grundsätzlich durch das NSKK (Nationalsozialistische Kraftfahrkorps) erfolgte und deren Fahrschul-Panzer zudem ein Schild mit den vorgenannten vier Blockbuschstaben trugen, ist mir dergleichen bei den Fahrschulpanzer Tiger nicht aufgefallen, noch vermochte ich ein „Fahrschul“-Schild auszumachen. In Folge dessen erfolgten also keinerlei Kennzeichnungen (20-24).
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Der Fahrschultiger ist einsatzbereit und bietet die Möglichkeit Besatzungsmitglieder darzustellen und szenisch ins Bild zu setzen
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Arrangements mit Besatzungsmitgliedern
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Arrangements mit Besatzungsmitgliedern
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Arrangements mit Besatzungsmitgliedern
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Arrangements mit Besatzungsmitgliedern
Fazit
Dieser mit seiner Stadtgas-Anlage ausgestatteter Tiger I ist ein Exot und läßt sich einfach und ohne allzu viel Aufwand gestalten (25-27). Auch die Nachrüstung eines bereits gefertigten Modells, besonders also eines frühen Tigers, ist dank der innovativen Gestaltung seitens Customscale / 16.02 ohne weiteres möglich und erweckt zudem ein älteres Modell zu neuem Leben. Sehr zu empfehlen.
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Der Fahrschulpanzer Tiger … wie er aussah und wie er in der Ausf. E (spät) hätte aussehen können
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Der Fahrschulpanzer Tiger … wie er aussah und wie er in der Ausf. E (spät) hätte aussehen können
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Der Fahrschulpanzer Tiger … wie er aussah und wie er in der Ausf. E (spät) hätte aussehen können
Historischer Kasten
Die deutsche Armee benötigte Fahrzeuge für die Ausbildung von Panzerfahrern, doch das große Problem war der Kraftstoff. Diesel und Benzin wurden für die Frontfahrzeuge benötigt, und es herrschte ein massiver Mangel, ohne dass eine Lösung in Sicht war. Die deutschen Ingenieure suchten nach einer alternativen Kraftstoffquelle. Sie kamen auf zwei Lösungen. Die eine war der Holzvergaser, ein Gerätesystem, das Holz verbrennt und brennbares Gas erzeugt, das einen Motor antreiben kann. Die andere bestand darin, komprimierte Gasflaschen zu verwenden, die Gas enthielten, wie es in Deutschland in den Haushalten zum Kochen verwendet wurde. Drum wurde mit
Fortschreiten des Kriegsverlaufs in den Panzerfahrschulen häufig Fahrzeuge eingesetzt, die aus Sicherheitsgründen mit Stadtgas in Form von LPG-Druckgasflaschen ausgestattet und außen am Fahrgestell befestigt waren. Glücklicherweise kann Stadtgas in Stahlflaschen abgefüllt werden. Wenn es leicht komprimiert wird, geht es leicht in einen flüssigen Zustand über. Auf diese Weise lässt sich eine große Menge Gas (gespeicherte Energie) auf relativ kleinem Raum unterbringen. Der umgekehrte Prozess ist ebenso erfreulich - wenn man es dekomprimiert (aus dem Druckbehälter entweichen lässt), kehrt das Flüssiggas schnell in seinen gasförmigen Zustand zurück (verdampft).
So war es folgerichtig, dass auch der Panzerkampfwagen VI Tiger I für den Betrieb mit Stadt- und auch Holzgas umgebaut wurde. Sie wurden nicht an der Front, sondern nur als Fahrschulpanzer Tiger eingesetzt. Hierzu erhielten sie vier Druckgasflaschen, die auf einem Gestell am Heck des Fahrzeugs, zwei auf jeder Seite, befestigt waren. Die Verwendung dieser Fahrschulpanzer Tiger, die sich aus Abgaben von Schadpanzern an das Ersatzheer rekrutierten, beschränkte sich auf das Kommando Panzerlehrgang „Tiger“ bei der Panzerersatz- und Ausbildungskompanie 500 in Paderborn mit einem Bestand von fünf Fahrschulpanzern VI Tiger zum Anfang März 1945.
Auf einen Blick
Tiger Gasanlage
Kit 35117 Maßstab 1:35 Hersteller Customscale Preis ca. 26,- €
Zusätzlich verwendete Materialien
Klebstoff: Italeri Plastikkleber, MEK Modelglue, Schwanheimer Industriekleber (Cyanoacrylatkleber)
Wesentliche Farben
Vallejo Model Air 71.054 „Graublau Dunkel“, 71.052 „Deutsches Grau“, 71.049 „Seegrau Mittel“, 71.050 „Hellgrau“ ( für Stadtgas-Anlage )
Tamiya Surface Primer „Light Grey” und Panel Line Accent Color “Black” sowie AK 11656 “1937-44 Panzer Colors” ( für PzKpfw VI Tiger I)
Bauzeit (nur Gasanlage) ca. 6 h Schwierigkeitsgrad leicht
Literaturempfehlung
Autor
Von Lothar Limprecht
Fotos, sofern nicht anders angegeben: Lothar Limprecht